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Lukas Briggen

Posaune

Geboren 1981 in Thun (Kt. Bern, CH), Berufsausbildung zum Primarlehrer Abschluss 2002, Abschluss Lehrdiplom in Jazzposaune an der Musikakademie Basel 2008, seither Lehrer für Jazzposaune an der Musikschule Basel, Abteilung Jazz, zwischenzeitlich auch an anderen Musikschulen, seit 2014 nur noch in Basel, gleichenorts wohnhaft mit Familie, begeisterter Hobbygärtner.

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Erste kleinkindliche musikalische Prägungen sind wohl Mutters Schubertlieder, gesungen und selbst begleitet am Klavier, Entdeckung der Trompete am Radio mit ca. fünf, ab neun Jahren Trompetenunterricht und Mitglied der lokalen Dorfmusik, mit elf Jahren Wechsel zum Tenorhon und Entdeckung des damals verstorbenen Jazzmusikers Miles Davis. Ab dann zahllose Nachmittage in Thuns Plattenläden Jazz gesucht und sein ganzes Taschengeld ausgegeben. Prägende Konzerterlebnisse dieser Zeit: 

Foto: Palma Fiacco

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Im Interview mit Linksgespielt

Gespräch mit Sophia Klinke am 27. Januar 2023

Wie beschreibst du deine Händigkeit?

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Ich bin eindeutiger Linkshänder. In meiner Kindheit gab es zwar kleine Versuche, mich auf rechts umzuschulen – das weiß ich aus Erzählungen meiner Mutter. Sie versuchte mir das Essbesteck in die rechte Hand zu geben, aber ich habe es immer gleich in die linke genommen und es wurden schließlich keine weiteren Versuche mehr unternommen, dies irgendwie zu beeinflussen.

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Wieso gab es diese anfänglichen Versuche, dich auf rechts umschulen?

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Ich denke, es ist dem damaligen Zeitgeist geschuldet. Man dachte an die Schule und an die ›armen‹ linkshändigen Kinder, die mit Tinte schreiben und alles verwischen würden – das war in den 80er Jahren.
 Man versuchte, es ›richtig‹ beizubringen.

 

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Hast du dein Instrument von Anfang an linksherum gelernt?

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Nein. Da werde ich ein bisschen ausholen:

Mit 9 Jahren begann ich das Trompetenspiel rechtsherum, denn linksherum wäre es auf einem rechtshändigen Instrument schwierig geworden: Man käme mit den Fingern nicht an die Ventile heran – nicht, wenn man neun ist.
 Zwei Jahre später wechselte ich zum Tenorhorn, auch Baritonhorn genannt – ein Blasinstrument, das mir vom Ansatz her besser lag als die Trompete. Auch das Tenorhorn spielte ich entsprechend der Konvention rechtsherum. Die drei Ventile mit der rechten Hand zu betätigen, stellte keine allzu hohe manuelle Herausforderung dar und ich habe das auch nie hinterfragt.

Ein kleines Aha-Erlebnis hatte ich jedoch, als ich mir mit elf Jahren im Turnunterricht die rechte Hand gebrochen hatte und von einem Tag auf den anderen dasselbe Instrument mit meiner linken Hand spielte. Ich erinnere, dass dies für mich gar keine große Sache bedeutete – es war einfach klar, dass wenn die rechte Hand kaputt ist, ich dafür die linke nehme. Die Reaktionen darauf kamen vielmehr von außen: Freitags war immer Jugendmusikprobe und die anderen staunten, dass ich auf Anhieb linksherum spielen konnte. Nach einem Monat aber war dieses erste Linksspiel-Erlebnis auch schon vorbei und ich spielte wieder wie gewohnt mit der verheilten rechten Hand. 

Diese erste linksspielende, durchaus positive Erfahrung brachte mich also noch nicht dazu, generell auf links umzustellen, da es sich damals für mich nicht signifikant anders anfühlte als mit rechts. Im Alter von ungefähr vierzehn kam einmal der Musikschulleiter auf mich zu und sagte: »Wenn du es ernst meinst mit der Musik, solltest du vielleicht ein Instrument spielen, mit dem du stilistisch ein breiteres Spektrum abdecken kannst, als es mit dem Tenorhorn möglich ist, das sich auf Blasmusik beschränkt.«

 

Autodidaktisch begann ich, mir mit 14 Jahren das Posaunenspiel beizubringen. Ohne Lehrer und ganz intuitiv hatte ich die Posaune linksherum zusammengesteckt. Je nachdem wie man eine solche Posaune (ohne Ventil) zusammensteckt, kann man sie mit links oder rechts bedienen – es braucht also keinen Umbau. 

Die Idee, Berufsmusiker zu werden, war damals mit etwa 14/15 Jahren in mir gewachsen und entwickelte sich zu einem starken Wunsch. Ich wollte klassische Musik spielen, aber nicht ›nur‹, sondern wollte auch Jazz spielen lernen. Während meines sehr spärlichen autodidaktischen Erlernens der Posaune über drei Jahre, ging ich weiterhin parallel zum regelmäßigen Tenorhornunterricht – die Beziehung zu diesem ersten Musiklehrer war und ist mir immer sehr wichtig gewesen. Ich habe auch andere Instrumente ausprobiert: Nochmals Trompete, Elektro- und Kontrabass habe ich auch intensiv gespielt in der Zeit. Aber es blieb dabei: Am wohlsten fühle ich mich als Bläser. Und so habe ich ganz aus dem Kopf entschieden: Das Instrument, das mir vom Ansatz her gut liegt und stilistisch die größte Bandbreite abdeckt, ist die Posaune. 

 

Nachdem ich also drei Jahre lang alles Mögliche ausprobiert hatte, entschied ich mich mit siebzehn, zu einem Posaunenlehrer zu gehen. Ich erinnere mich noch gut an die erste Stunde und seinen Kommentar: »Dafür, dass du so vieles verkehrt machst, klingt es erstaunlich gut.« Damit meinte er einerseits, dass ich die Posaune verkehrt herum halte, aber auch meinen Ansatz.

In den folgenden Jahren musste ich meine Ansatz-Technik komplett umstellen und dagegen war der Wechsel von links nach rechts mit dem Zug eine Bagatelle. Zur Händigkeit meinte er, anders herum zu spielen, würden die meisten Dirigenten nicht tolerieren. Ich hatte es ihm geglaubt und mache weder ihm noch mir nachträglich einen Vorwurf. Wahrscheinlich hatte er zur damaligen Zeit damit auch recht. Also bediente ich von nun an den Zug mit der rechten Hand und bin ihm dankbar für alles andere, was er mir in der kurzen Zeit beigebracht hat. Ich hatte nur vier Jahre Unterricht bei ihm, aber sehr wichtige! In der gleichen Zeit absolvierte ich eine fünfjährige Berufsausbildung zum Primarlehrer, besuchte anschließend ein Jahr lang lang das Pre College und begann mit 22 Jahren mit dem Musikstudium an der Musikakademie Basel beim Jazzposaunisten Adrian Mears.

 

Während meines ersten Studienjahres in Basel hatte ich mich zum ersten Mal intensiver mit dem Thema der Bewegungsabläufe auf dem Zug auseinandergesetzt, die sich bei mir bis dahin nicht zufriedenstellend automatisiert hatten. Neben Dur- und Moll-Tonleitern sowie Dreiklangs-Übungen kamen diverse andere, z. B. symmetrische Tonleitern wie Ganztonleiter, Ganzton-Halbton-Leiter oder Halbton-Ganzton-Leiter hinzu. 

Mir neue Bewegungsabläufe einzuprägen, kostete mich viel Denkarbeit und es dauerte meines Erachtens viel zu lange, bis ich sie intuitiv spielen und mit ihnen improvisieren konnte. Zufällig ergab sich ein Gespräch mit einem Schlagzeugdozenten, der der Ansicht war, es sei sehr wichtig, als linkshändiger Schlagzeuger das Drum-Set anders herum aufzustellen, weil die starke Hand rhythmisch führen müsse. Er selbst ist übrigens Rechtshänder, aber sehr aufmerksam bezüglich Themen wie der Händigkeit. 

Unsere Begegnung hatte in mir den Gedanken angestoßen, das Posaunenspiel wieder auf links auszuprobieren und möglicherweise sogar ganz zurück zu wechseln, um zu sehen, ob der Zugang zum intuitiven Spielen dadurch leichter werden würde.

Ich probierte es also links aus und tatsächlich belief sich mein Umlernprozess über ein einziges Wochenende – es gestaltete sich als wirklich schnell und einfach. Das einzige Problem war eine Knochenentzündung in der rechten Hand, da ich von einem Tag auf den anderen die Posaune in dieser Hand hielt und die Muskulatur dafür noch zu schwach war.

Ein Grund, warum die Umstellung auf der Posaune vielleicht einfacher verläuft als bei anderen Instrument ist, dass Klang und Rhythmus nicht von den Händen, sondern von Luftführung, Zunge und Lippen abhängen. Die Tongebung, die bei dir am Streichinstrument die dominante linke Hand mit dem Bogen ausführt, findet bei uns in erster Linie im Körper statt. Zweifellos spielt die Händigkeit auch bei uns Posaunisten eine Rolle – sonst würde ich ja nicht linksherum spielen – aber sie nimmt keinen so großen und entscheidenden Raum ein wie bei Streich- und Zupfinstrumenten.

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Gab es von irgendeiner Seite Vorbehalte bezüglich deines Linksspielens?


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Nein, nie.

Ich musste Militärdienst leisten und habe mich irgendwann bei der Armee-Big-Band angemeldet. In der Schweiz gibt es das Milizsystem, was nebenberuflich absolviert wird und bei dem man verpflichtet ist, eine bestimmte Anzahl von Tagen abzuleisten. Als ich mich bei der Armee für diese Big Band bewarb, dachte ich, mein Linksspielen könnte zum Thema werden. Wurde es aber nie, es wurde kaum angesprochen.

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Fiel es denn überhaupt auf?

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Ja, das schon. Wenn ich mich recht erinnere, war die erste Reaktion: »Oh, dann müssen wir schauen wegen des Platzes.« Aber das war nie ein Problem. Auf der Bühne sah man uns vier Posaunisten: Bei dreien war der Becher auf der linken Seite des Kopfes und bei mir auf der anderen. Das bedeutet, zwei Becher waren direkt nebeneinander, also: Kopf, Becher, Kopf, Becher, Kopf, Becher, Becher, Kopf. 

Für eine Armeeformation sah das vielleicht nicht ganz so nach Hochglanz aus, aber das war letztlich überhaupt kein Thema – oder ich hätte nichts dergleichen mitgekriegt.

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Durch das Gespräch mit dem Schlagzeuger warst du selbst darauf gekommen, umzulernen und nahmst diesen Prozess innerhalb kürzester Zeit alleine auf dich. Wie war die Reaktion deines damaligen Professors auf das Linksspielen?

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Ich hatte zwei Lehrer: Im Nebenfach lernte ich klassische Posaune und dieser Lehrer musste sich erst mal setzen und tief durchschnaufen, als er mich linksspielend sah. Lustigerweise ist er auch Linkshänder, spielt aber konventionell. Der Jazzprofessor, mein Hauptprofessor, hatte es einfach zur Kenntnis genommen.

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Der Umlernprozess verlief bei dir wirklich schnell – ein Wochenende. Bitte erzähle uns dennoch mehr darüber und über deine Herangehensweise. Was sind oder waren für dich die größten Herausforderungen dabei?


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Das Schöne daran war, dass ich mich so zum ersten Mal wirklich mit der Zugtechnik auseinandergesetzt habe. Vorher hatte ich das eher intuitiv getan – also ich nahm den Zug und bewegte ihn in eine bestimmte Position, ohne darüber nachzudenken, wie ich das tue.

Beim Umlernen hingegen bin ich systematisch vorgegangen und habe ohne Instrument geübt, meine Hand in einer schnurgeraden Bewegung vor und zurück zu bewegen. 

Man kann sich das vielleicht so vorstellen: Die Hand soll sich ausschliesslich in der dritten Dimension bewegen – nur in die räumliche Tiefe und zurück, weder auf und ab, noch rechts oder links. Theoretisch ist das einfach, praktisch unmöglich. Um das zu üben, habe ich die Posaune in der (rechten) Hand gehalten und habe die linke Hand mit möglichst gleichbleibendem Kontakt entlang dem Zugrohr bewegt und so die Bewegungsabläufe beispielsweise für eine Tonleiter oder für irgendeine Melodie zuerst auf die Weise nur mental geübt. Das habe ich so lange geübt, bis mir die Bewegungen vertraut waren. Nach ein paar Wochen habe ich damit aufgehört. Das ist meine einzige Erinnerung.

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Spieltest du danach manchmal noch rechtsherum?

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Vorerst nein: Eine Posaune ohne Ventil kann man ohne technische Veränderung am Instrument rechts- oder linksherum spielen. Da ich immer Posaunen ohne Ventil gespielt hatte, gab es keinen Grund, wieder mit rechts zu spielen.
 Nach dem Studium aber nahm ich gelegentlich bei einem sehr guten klassischen Posaunisten Unterricht und dieser hatte mir empfohlen, besonders die tiefe Lage zwischen E und C zu üben, die nur mit einem zusätzlichen Ventil gespielt werden kann. Daraufhin habe ich mein Dienstinstrument, das mir die Armee zur Verfügung gestellt hat – eine Posaune mit Quartventil – hervorgeholt. So übte ich ein paar Jahre lang die Etüden von Mario Bordoni, die alle tiefen Blechbläserinnen und Blechbläser kennen, mit rechts und sonst alles mit meiner anderen Posaune (ohne Ventil) mit links. Wenn man das gewohnt ist, stellt das kein Problem dar.

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Wieso konntest du diese tiefe Lage nicht auch linksherum üben?


 

Weil eine konventionelle Posaune so gebaut ist, dass man den Zug mit rechts und das Ventil mit links bedient. Wenn man ein solches Instrument anders herum in die Hände nimmt, ist die Mechanik nicht mehr bedienbar.

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Du hattest ansonsten also hauptsächlich Posaune ohne Ventil gespielt?

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Ja, genau. 2010 beschloss ich, auch die tiefen Lagen mit einer Linksposaune spielen zu wollen und habe mir daraufhin bei Hans Kromat eine Linkshänderposaune mit Ventil anfertigen lassen. Ich habe bis 2012 auf dieses Instrument gewartet. Er hatte schon öfter Linkshänderposaunen gebaut und verlangte nicht einmal einen Aufpreis, was ich natürlich großartig finde. 
Er meinte, für ihn sei der Aufwand beim Bauen nicht größer. Die Mechanik müsse lediglich andersherum eingesetzt werden und das sei eigentlich schon alles. Ganz so einfach ist es nicht: Die Ventilrohre und die ganze Mechanik müssen erst mal per Handarbeit anders herum gebaut werden. Aber diese Bescheidenheit und seine Untertreibung sind typisch für ihn. Er ist der bescheidenste Mensch auf Weltspitze, den ich kenne – natürlich ist das subjektiv. Aber es gibt schon Gründe, warum man lieber ein paar Jahre auf eine Kromat wartet, als sich für etwas anderes zu entscheiden. Seit 2012 habe ich nie irgendein anderes Instrument in der Hand gehalten, das ich lieber gespielt hätte, als das von Hans. Und ich spiele spaßeshalber immer wieder andere Posaunen an.

Im Moment spiele ich allerdings mein Reserveinstrument, weil die Kromat bei ihrem Erbauer in Wilstedt zur Reparatur ist: Eine umgebaute Rechtshänderposaune mit Quartventil der Marke Kühnl & Hoyer. Die Mechanik nach links umgebaut hat Alex Schölkopf, ein Instrumentenbauer, der seine Werkstatt in Magdeburg betreibt. Er hat das ebenfalls großartig und außerdem ästhetisch sehr schön gemacht. Aber das hat mit rechts oder links überhaupt nichts zu tun: Wenn meine Posaune von Hans Kromat wieder da ist, ist für mich Weihnachten. 

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Spielst du im Orchester? Wenn ja, was sind dabei deine Erfahrungen bezüglich deiner Seitigkeit?

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Als Jazzmusiker spiele ich nicht im klassischen Sinne in einem Orchester. Ich spiele aber in Big Bands – zurzeit in keiner festen, werde aber oft als Substitut engagiert, zum Beispiel im Zürich Jazz Orchestra oder im Swiss Jazz Orchestra in Bern.

Das Linksspielen war auch dort nie Thema. Die Leute kennen mich ja. Ab und an muss ich in Zürich zwar noch faule Sprüche hören im Sinne von »Spielst du nach all den Jahren immer noch verkehrt herum?« und »Hast du es wohl immer noch nicht gelernt?« Das hat sich da zu einer Art ›Running Gag‹ entwickelt – immer mit Humor und ich kann das auch ganz gut annehmen und mitlachen. Sowieso erlebe ich die Arbeitshaltung in Jazz-Orchestern als konstruktiv, jedenfalls da, wo ich mitspiele. 

Ich spiele sehr gerne Big Band und war früher auch in mehreren festes Mitglied. Aber die langen Sperrzeiten für Studioaufnahmen, Tourneen und Probenphasen wurden für mich als Familienvater zum Problem. Die Bezahlung in großen Jazzformationen ist in der Schweiz nicht so, dass sich davon eine Familie ernähren ließe. Seit bald zehn Jahren bin ich nur noch Substitut.

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Es gab also niemals negative Reaktionen auf deine Linkshändigkeit? 

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Nein, nie. Ich weiß allerdings nicht, wie es in der klassischen Szene gewesen wäre, das kann ich nicht beantworten – fände ich aber sehr spannend zu erfahren, gerade, weil ich ja meine linkshändigen Schüler immer wieder ermuntere, ihre Händigkeit beim Posaunenspiel zu berücksichtigen. Aber bei ihnen scheint der Anpassungsdruck größer zu sein, als sich für das Linksspielen entscheiden zu können. Ich habe mehrere linkshändige Schüler, die aber unbedingt mit rechts spielen wollen. Ich kann und möchte sie nicht zwingen, von der Norm abzuweichen, finde es selbstverständlich schade, dass sie sich dadurch das Leben schwerer machen.

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Hat dein erster Lehrer, bei dem du im Alter von 17 bis 22 warst, in der Zwischenzeit von deinem Linksspielen erfahren?

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Ja, wir hatten für ein paar Jahre ein Posaunenquartett zusammen und sind uns in regionalen Orchestern im Posaunensatz wieder begegnet. Er hat das wahrscheinlich einfach zur Kenntnis genommen, es gab letztlich keine Reaktion von ihm – zumindest kann ich mich an keine erinnern. Er ist eher der trockene Typ, aber innen drin trotzdem sehr herzlich. Ich weiß daher nicht, wie er es wirklich aufgenommen hat, aber ich kann mir vorstellen, dass er ein Lehrer ist, der seine Schülerinnen und Schüler respektvoll ziehen lässt und es nicht für nötig hält, zu kommentieren, was sie tun, nachdem sie bei ihm waren. Diese Haltung beeindruckt mich auf eine Art auch sehr. Sowieso ist er ein unterschätzter Lehrer! Aber das ist ein anderes Thema. 

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Gibt es noch weitere Vorteile, die du für dich im Linksspielen wahrnimmst?

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Neben den bereits erwähnten Vorteilen hat der Posaunenzug auch eine rhythmische Funktion und ich bin froh, dass ich diesen mit meiner dominanten linken Hand ausführe, denn die Koordination zwischen Zug und Hand ist extrem wichtig. Und alles Intuitive, nach Gehör zu Spielende fällt mir linksherum sehr viel leichter.

 

Ein ganz praktischer Vorteil ist folgender: Mit der Posaune spielt man mit Zug und Schallstück seitlich am Notenpult vorbei – als Rechtshänder vom Spieler aus betrachtet auf der linken Seite. Als Linkshänder ist das gerade spiegelverkehrt. Ich spiele also rechts am Notenpult vorbei. Das hat den Vorteil, dass ich ohne praktische Probleme mit jemandem zusammen vom gleichen Pult spielen kann. Leider nützt das im Orchester nichts, denn Posaunen werden nie vom gleichen Pult gespielt, weil nie zwei die gleiche Stimme spielen. Aber beim Unterrichten ist es praktisch: Wir können Duette vom gleichen Notenpult spielen, ohne dass jemand praktisch einen Nachteil hat.

 

Was ich grundsätzlich toll finde ist, dass ihr für das Thema Händigkeit in der Musik sensibilisiert. Dass es eben einen Unterschied macht und es auch einen Grund gibt, weshalb Instrumente in einer rechtshändig orientierten Welt dementsprechend konzipiert und gespielt werden! Besonders bei Kindern ist es wichtig, dafür aufmerksam zu sein, um ihnen keine Steine in den Weg zu legen.

Ich merke, dass die Sensibilität für dieses Thema bei weitem noch nicht selbstverständlich ist. In meiner Lehrerausbildung schrieb ich einmal eine Facharbeit darüber. Die Psychologiedozentin war mit meiner Arbeit zwar einverstanden, ordnete das Thema jedoch als »nicht relevant« ein. Da war ich natürlich enttäuscht. Generell finde ich aber, dass die Sensibilität für die Unterschiedlichkeit der Menschen wächst und das empfinde ich als positiv. Die Händigkeit ist einfach ein Aspekt von vielen. 

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